Die humanitäre Katastrophe in Somalia ist längst zur vergessenen Krise geworden. Die Ursachen der humanitären Krise in Somalia sind komplex: Bedingt durch schwache Regenzeiten mit Ernteausfällen und einem politisch nur schwach handlungsfähigen Staat erlitt die Bevölkerung bereits mehrere Hungerkrisen. Die Anzahl der Menschen, die in Somalia auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, betrug nach Angaben der Vereinten Nationen im September 2016 knapp fünf Millionen Menschen, inzwischen sind es über sechs Millionen und damit die Hälfte der somalischen Bevölkerung. Über eine Million sind Binnenflüchtlinge. Allein die Region Banadir mit der Hauptstadt Mogadischu beherbergt inzwischen nahezu eine halbe Million Binnenvertriebene, mit steigender Tendenz.
behälfsmäßige Hüttensiedlung der Binnenvertriebenen in Somalia im März 2017Caritas internationalis
In weiten Teilen im Süden und im Zentrum von Somalia herrschen lokale Clans sowie islamistische Gruppen mit oft unklaren Machtverhältnissen. Vor allem die islamistische al-Shabaab-Miliz erschwert die Versorgung der Menschen im Süden des Landes. Auch große Teile der Region Galmudug im Zentrum des Landes sind für humanitäre Hilfe nicht zugänglich, da sie von feindlichen Milizen besetzt sind. Im Kampf gegen die Islamisten bekommt die somalische Regierung Unterstützung durch die Somalia-Mission der Afrikanischen Union (AMISOM).
Die für 2016 anberaumten Neuwahlen des Präsidenten fanden schließlich im Februar 2017 statt. Eine der ersten Amtshandlungen von Präsident Mohamed Abdullahi "Farmajo" Mohamed: Er rief Anfang März 2017 wegen der langfristigen Dürre den nationalen Notstand aus und forderte die internationale Gemeinschaft zur Hilfe auf.
Wie politische Krisen die Dürrefolgen verschärfen
In Somalia fehlt den Menschen fast alles, was sie zum Leben brauchen: Nahrung, Wasser, ein schützendes Dach über dem Kopf, Sicherheit und Zukunftsperspektiven. Weite Teile von Zentral- und Südsomalia, wo die Not am größten ist, sind für internationale Helfer oft nicht erreichbar. Die Prognosen für die gewöhnlich im April einsetzende Regenzeit, in Somalia "Gu" genannt, waren schlecht. Im Mai ist Pflanzzeit in Somalia, doch es regnet nicht. Wenn nun die Regenmenge erneut unterdurchschnittlich ausfällt - und danach sieht es derzeit aus, so stehen Millionen Menschen am Rande der Hungersnot.
In der Region Galmud in South Muduq sind alle Quellen von Oberflächenwasser trocken. Untergrundwasser ist das einzige Wasser, das jetzt noch verfügbar ist. Der Zugriff durch Bohrlöcher sowie ein paar wenige und weit entfernt liegende Brunnen reicht nicht aus, um Menschen und ihr Vieh mit Wasser zu versorgen. Die Knappheit des Wassers hat zu einer starken Erhöhung der Preise auf vier bis sechs Dollar pro Kanister (20 Liter) geführt.
Gemeinsam mit der Diakonie Katastrophenhilfe finanziert Caritas international Aktivitäten, die den Zugang zu den Wasserressourcen in der Region Galmud im Adado Bezirk sowie in der südlichen Muduq Region im Hobyo Distrikt erleichtern.
Caritas internationalis kümmert sich um die Wassernot der Binnenflüchtlinge in der Großregion MogadischuCaritas internationalis / Mohamed Sheikh Nor/CRS
Wasser ist Überlebenshilfe
Zahlreiche Viehhirten haben bereits ihre Rinder und Ziegen verloren und die verdorrten Weideregionen verlassen. Sie sind als Binnenflüchtlinge mehr als andere Somalier von akutem Hunger bedroht, denn viele haben keinerlei körperliche Kraft mehr, um sich selber um eine Versorgung zu kümmern. Sie erhalten von der lokalen Partnerorganisation "Center for Peace and Democracy" (CPD) vor Ort Gutscheine, um Wasser für die Zubereitung einer Mahlzeit oder auch zum Tränken des letzten verbleibenden Viehs erwerben zu können. Das Minimum einer täglichen Ration pro Person liegt bei knapp sieben Liter Wasser. Der Preis variiert von Siedlung zu Siedlung, je nachdem, wie weit ein Wasserkiosk von der Bohrung entfernt liegt, aus der das Wasser herbei transportiert wird. Der Wert eines Gutscheins basiert auf dem aktuellen Preis für Wasser an den Wasserkiosken. In den Bezirken Adado und Hobyo erhalten besonders Bedürftige zunächst über drei Monate wöchentlich Wassergutscheine.
Da staatliche Akteure in Somalia aufgrund der anhaltenden Kriegswirren sehr schwach und einflusslos sind, liegt die Infrastruktur zur Wasserversorgung in weiten Teilen völlig brach. Anhaltende Dürren sind in Somalia keine unvorhersehbare Katastrophe, und eine funktionierende staatliche Versorgung hätte hier mit Weitsicht Vorsorge treffen können. Doch die Schwäche staatlicher Behörden in dem krisengeschüttelten Land verhindert dies, selbst die überlebensnotwendigen Hilfen für Bedürftige sind somit eine Herausforderung.
Ersatzteile für Pumpen
Um hier mittel- und langfristig die Bevölkerung in ihrer Selbstversorgung zu stärken, werden nun Bohrlöcher erneuert und alte Pumpen durch die Montage von Ersatzteilen repariert oder auch aufgerüstet, um in Zeiten übermäßigen Gebrauchs der Belastung besser standzuhalten. Die Bohrlöcher werden von Gemeinden betrieben, die gemeinschaftliche Wasserkomitees bilden. Sie erhalten ein Auffrischungstraining in Management und Organisation. Auch für den laufenden Betrieb und die Wartung der Bohrlöcher werden Fortbildungen für die Mitglieder der Wasserkomitees angeboten.
... und Wasserkomitees für eine gute Wartung
Haushalte, die noch die Kraft haben, körperliche Arbeit zu leisten, können von dem Programm "Bargeld für Arbeit" profitieren: Für den Aushub von 17 Wasserpfannen in den Bezirken Adado und Hobyo wird ihnen ein Lohn gezahlt. Sie können sich mit dem Geld das Nötigste kaufen, während die Gemeinden auf künftige Regen vorbereitet sind. Wenn wieder Regen fällt, füllen sich die Wasserbecken, das Wasser wird je nach Niederschlagsmenge für zwei bis vier Monate und für 5.000 Haushalte die Wasserversorgung sicherstellen.
Das Erzbistum Freiburg hat Caritas international eine Million Euro für die Hilfe in der Hungerkrise in Ostafrika zur Verfügung gestellt. Davon werden 200.000 Euro für den verbesserten Zugang zu Wasser für die von Dürre betroffenen Haushalte in Somalia verwendet.
Mai 2017