Die Hilfsorganisation IRPAA (Institut für angepasste kleinbäuerliche Landwirtschaft) ist seit 1990 mit ihrem Programm „Zusammenleben mit dem semiariden Klima“ in der Region aktiv. Beim vorliegenden Projekt arbeitet Caritas international mit IRPAA zusammen, um die Bevölkerung bei der Anpassung an die Klimabedingungen zu unterstützen. Die Ernährung und der Wasserzugang sollen gesichert und damit die Abwanderung in die Städte zu verhindert werden.
Um in dieser Halbwüstenregion überleben zu können, ist es notwendig, mit den klimatischen Widrigkeiten im Einklang zu leben. Mit den Winden, den unregelmäßigen Niederschlägen, den langen Trockenzeiten. Dazu sind Kenntnisse über das semiaride Klima genauso notwendig, wie das Wissen um geeignete Feldfrüchte und ihren Anbau. Daher finden für ausgewählte Gruppen Workshops zu Anbaumethoden, Techniken, Klima und Umweltschutz statt, das Wissen geben sie dann gezielt in ihren Gemeinden weiter. Die Wissensvermittlung hat einen großen Stellenwert im Projekt: Neben den Workshops gibt es Ausbildungen zum Wassersucher, Kurse über Wasser, Energie, Verwendung und Speicherung von Regenwasser, Wasser-Fachberatungen für Kooperativen und Schulen sowie Anleitungen zur Erstellung von Anträgen bei Regierungsprogrammen.
Wasser für Haushalt, Vieh und Landwirtschaft
Mit öffentlichen Geldern können die Kleinbauern mit Technologien zum Auffangen, Sammeln und Aufbewahren von Regenwasser ausgestattet werden, zum Beispiel Zisternen. Diese liefern Trinkwasser und Gebrauchswasser für den Haushalt, aber noch viel wichtiger, Wasser für die Landwirtschaft. Damit können sich die Familien ihre Ernährung sichern und mit dem Verkauf überzähliger Nahrungsmittel zusätzlich ein Einkommen erwirtschaften. Bei der Wassergewinnung wird jedoch nicht nur das Regenwasser berücksichtigt. Mit dem Bau einer Aufbereitungsanlage kann künftig auch das Abwasser einbezogen werden. An den Bauarbeiten der Wassereinrichtungen beteiligen sich die Bauernfamilien, sie graben Löcher und heben Gräben aus.
„Unser Land ist wunderschön, ich möchte nie hier wegziehen. Noch vor wenigen Jahren war unser Leben sehr schwierig. Der Kampf um genügend Wasser zum Leben und zum Anbau der Früchte war anstrengend und zeitraubend. Aber seit wir durch die Unterstützung der Caritas und IRPAA in unserer Kooperative ausreichend viele Zisternen haben, können wir genügend Früchte anbauen. Daraus produzieren wir Saft und Marmelade, die wir sogar bis Europa verschicken", erzählt der Kleinbauer Jose Ferreira dos Santos, der einer der Begünstigten aus dem Projekt ist. Er hat einen Kurs besucht und ist nun ausgebildeter Wünschelrutengänger. "Einmal in der Woche arbeite ich kostenfrei in unserer Gemeinde, und wir konnten schon drei Brunnen bauen", sagt er voller Stolz.
Den Staat mit einbeziehen
Die Organisation IRPAA leistet für die Region und die dort lebende Bevölkerung starke Lobbyarbeit und ist in entsprechende Gremien integriert, um politische Entscheidungen zu beeinflussen. Dabei geht es vor allem um das Recht auf Wasser, den Zugang zum Wasser und ein nachhaltiges Wassermanagement. Ein Großprojekt zur Umleitung eines Flusses wird kritisch begleitet, um die Rechte der Bauern zu verteidigen. Auf staatlicher Seite bestehen bereits Programme, die auch den Kleinbauern im Sertão zugänglich sind. So werden zwei dieser Programme genutzt, um neue Kooperativen zu gründen, die Lebensmittel an Schulen und bedürftige Gemeinden weitergeben. Außerdem wird der lokalen Regierung ein Projekt vorgestellt, dass die Wasserversorgung an Schulen sicherstellen soll.
Zur Situation
Die Halbwüstenregion Sertão erstreckt sich über acht brasilianische Bundesstaaten mit 1.384 Gemeinden, in den rund 24 Millionen Menschen leben. Die Klimabedingungen sind extrem: Heiße Temperaturen und geringe Niederschläge haben lange Dürreperioden zur Folge, deren Intensität mit dem Klimawandel zunimmt. Der Kampf um Wasser ist zum Überlebenskampf geworden. Der einzige ganzjährig wasserführende Fluss, der Rio Sao Francisco, wird von verschiedenen Großprojekten, darunter Wasserkraftwerke und Agrarindustrie, stark beansprucht und ist in seinem ökologischen Gleichgewicht bedroht. Die Kleinbauern können ihre Felder nicht mehr bewirtschaften und ihre Erträge genügen nicht einmal zur Selbstversorgung. Gemäß Unicef leiden in der Region 67 Prozent der Kinder und Jugendlichen an Armut und Hunger. Etwa 70 Prozent der Bevölkerung ist aber von der Landwirtschaft abhängig.
Juli 2018