Mangelernährung trotz Ressourcenreichtum?
Die Kindersterblichkeit in Sierra Leone ist hoch. 2016 erreichten 11,35 Prozent der Kinder nicht einmal das fünfte Lebensjahr. Wie ist das möglich in einem Land, das reich an Ressourcen wie Diamanten, Früchten, Fisch und Getreidearten ist? Die Situation damit zu erklären, dass es an Nahrung fehlt oder Infektionskrankheiten verbreitet sind, wäre zu einfach. Daher ist auch eine Verteilung von Lebensmitteln oder Antibiotika keine nachhaltige Lösung.
Armut, geringe Bildung und kaum Zugang zu Gesundheitsversorgung
Sierra Leone ist laut dem Entwicklungsindex (HDI) das fünft-ärmste Land der Welt. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze und verdient weniger als 1,90 US$ pro Tag. Die Wenigsten konnten jemals eine Schule besuchen und können weder lesen noch schreiben. Die daraus folgende Armut und der geringe Bildungsstand führen dazu, dass den oftmals sehr jungen Familien vor allem das Wissen für eine angemessene Ernährung ihrer Kinder fehlt. Aufgrund lokaler Traditionen geben die meisten Eltern ihren Kindern weder Fisch noch Früchte zu essen, obwohl die Nahrungsmittel zu erschwinglichen Preisen angeboten werden und zur Zubereitung von proteinreichen Babynahrung verwendet werden könnten.
Bereits während der Schwangerschaft kommt es häufig zu Mangelernährung. Viele Kinder in Sierra Leone leiden daher unter einem Eiweiß-Mangel, lokal auch als „Kwashiorkor“ bezeichnet. Die Folgen sind Schwäche, Krankheiten, Wachstumsstörungen und Benommenheit.
Gleichzeitig fehlt es oft an guten hygienischen Bedingungen im Umfeld der Familien und es gibt wenig bis keine Ärzte in der näheren Umgebung. Das Risiko, krank zu werden, ist somit hoch.
Caritas-Trainingsprogramm für stillende Mütter
Seit 2003 führt Caritas international ein Trainingsprogramm für stillende Mütter durch, in Zusammenarbeit mit den Klosterschwestern The Sisters of St. Joseph of Cluny und der Caritas Freetown. Sowohl in den ländlichen Gebieten Freetowns als auch im Distrikt Kono lernen Mütter in Fortbildungen, proteinhaltige Nahrung für Kleinkinder zuzubereiten: zwischen 2003 und 2015 konnten so 4.810 Frauen, meist junge Mütter, an einem umfangreichen Training teilnehmen. Und auch momentan werden weitere tausend junge Mütter über zwei Jahre geschult. In den Dörfern, in denen die Klosterschwestern aktiv sind, ist die Sterblichkeitsrate der Kleinkinder bereits extrem gesunken. Denn in besonders akuten Fällen verteilen wir Nahrungsmittel und inzwischen suchen die Mütter zeitnah einen Arzt auf oder beanspruchen anderweitig Hilfe.
Unterstützen Sie die Mütter und Kinder in Not mit Ihrer Spende!
Foto: Bente Stachowske / Caritas international
Basisernährung und Gesundheitsprävention
Derzeit konzentriert sich unsere Hilfe auf acht Dörfer in der Region Gbense und Tankoro, in denen über 1.000 unterernährte Babys und Kleinkinder unter fünf Jahren sowie ihre Mütter von dem Ernährungsprogramm profitieren.
In einem viermonatigen Kurs werden die Mütter darüber informiert, wie man Unterernährung identifiziert und das Problem durch gute Ernährungspraktiken behebt. Auch gibt es Schulungen zum Thema Gesundheitsvorsorge und Hygiene.
Ein Schlüssel in der Arbeit der Schwestern ist die Vergemeinschaftung des Wissens. Die von ihnen vermittelten Kenntnisse werden in Dorfkomitees weitergegeben, denn je mehr Gemeindemitglieder dieses Wissen teilen, desto nachhaltiger ist die Arbeit der Schwestern. So kann die Hilfe von Caritas international dank der Ortskenntnisse der Schwestern nachhaltig gegen die Kindersterblichkeit und akute Ernährungsmangel in Sierra Leone eingesetzt werden.