Die Zahl älterer, alleinstehender Menschen in Georgien wächst stetig. Ihre Situation ist in vielen Fällen von wirtschaftlicher Unsicherheit und sozialer Isolation geprägt. Mobile Krankenpflege war nie Teil der staatlichen Sozialdienste in Georgien - obwohl weit über 10.000 Menschen auf diese Hilfen angewiesen sind. Caritas Georgien ist hier mit seinen Sozialstationen als Teil der umfassenden Gesundheitsprojekte Gesundheitsprojekte bereits seit Anfang der 1990er Jahre aktiv.
In Tiflis, in Gori und in den westgeorgischen Städten Kutaisi und Ozurgeti versorgen die Mitarbeiter/innen regelmäßig etwa 700 Patientinnen und Patienten. Vier ausgebildete medizinische Krankenschwestern, vier Krankenschwester-Assistentinnen ein Psychologe, eine Sozialarbeiterin und mehrere Freiwillige gehören zu den Teams. Sie leisten medizinische Pflege, versorgen die Patient/innen mit Medikamenten und, wenn nötig auch mit Essen, helfen bei der Körperhygiene und kümmern sich um den Haushalt.
Wenn es medizinisch notwendig ist, begleitet ein Caritas Facharzt aus den ärztlichen Ambulanzen die Mitarbeiter/innen. Das einzige Kriterium für die Unterstützung durch die Caritas ist die Bedürftigkeit. Und das sind sehr viele, liegt doch die staatliche Einheitsrente bei rund 60 Euro im Monat.
Qualifizierte Ausbildung kann langfristig wirken
Wie eng die verschiedenen Bereiche der Caritas Gesundheitsdienste Hand in Hand arbeiten, zeigt sich zum Beispiel in den Ausbildungskursen für Pflegekräfte. Im zentralen Rehazentrum der Caritas in Tiflis finden kontinuierlich Fortbildungen in Physiotherapie, medizinischen Massagen, Diagnostik und Labor oder der speziellen Pflege bettlägerigen Menschen und Personen mit Behinderung statt. Diese Kurse sind einzigartig in Georgien. Dass an ihnen nicht nur die Caritasmitarbeiterinnen teilnehmen, sondern auch die Student/innen der medizinischen Fakultät und der staatlichen Krankenpflegeschulen, das zeigt den hohen Qualitätsanspruch in der Pflege.
Eine tragende Rolle für die Ausbildungen spielt dabei eine Expertin für Hauskrankenpflege die im Auftrag von Caritas international über Jahre hinweg die Fortbildungen geleitet und ein umfassendes Standardwerk zur Hauskrankenpflege erstellt hat. Dieses Buch ist mittlerweile ins Georgische übersetzt und spielt eine unverzichtbare Rolle in der täglichen Arbeit. Die mit anderen Organisationen wie der Diakonie erarbeiteten Standards wurden dem Ministerium vorgelegt. Caritas Georgien setzt sich dafür ein, dass hier landesweit gültige Standards in den Ausbildungsplänen verankert werden.
Die Weitergabe des Wissens ist ein wesentlicher Teil des Programms geworden. Stärkung der Selbsthilfe lautet das Motto. Ob zukünftige Ärztinnen und Ärzte, Krankenpflegekräfte oder medizinische Mitarbeitende: Alle werden darin geschult, selbst zu unterrichten. Sie lernen, wie man die Patient/innen und ihre Angehörigen informiert, berät, wie man selbst Blutzucker misst, Wunden versorgt, Begleiterkrankungen verhindert oder Bettlägerige mobilisiert. Durch praktische Hinweise und Tipps erleichtern sie somit nicht nur den Alltag. Vermittelt wird so das erarbeitete Wissen und Verständnis über Pflegebedürftigkeit. Häufig gelingt es den Bertoffenen und ihren Familienangehörigen auf diese Weise, wieder selbständig und unabhängig von fremder Hilfe leben zu können.
Sozialpolitik gestalten
Treibende Kraft ist die Caritas Georgien auch auf sozialpolitischer Ebene. Denn neben der direkten Betreuung und Weiterbildung bleibt der dramatische Notstand in der Pflege doch weiter bestehen. Nachhaltig kann sich diese Situation nur ändern, wenn staatliche Stellen mit in die Pflicht genommen werden. Um dies zu erreichen, übt Caritas auf allen Ebenen Einfluss für ihr Ziel: Ein sozialpolitisches Ziel ist es, die häusliche Pflege in die Sozialsysteme und Krankenversicherungen fest zu integrieren.
Die Öffentlichkeitsarbeit in Kooperation mit anderen Sozialdiensten ist beeindruckend. Gaioz Kubaneishvili, der Leiter der Gesundheitsprogramme, steht mit seinem Team im ständigen Dialog mit dem Gesundheits- und Sozialministerium und nutzt jede Gelegenheit, mit dem Anliegen an die Öffentlichkeit zu kommen.
So gelang es zum Beispiel, monatlich einen festen Sendeplatz in der größten Rundfunkanstalt zu bekommen. In den einstündigen Diskussionsforen erörtert ein Kreis wechselnder Fachkräfte Fragen rund um das Thema Gesundheit und Pflege. Die Lobbyarbeit trägt bereits erste Früchte. Derzeit werden Pläne für die Qualifizierung der Ausbildung in Absprache mit dem Ministerium erstellt. Hier wird auch die Heilkunde und Medizin für alte Menschen (Geriatrie und Gerontologie) eine große Rolle spielen. Caritas Georgien hat auch für die staatliche bzw. kommunale Übernahme von Pflegekosten sehr viel Advocacy- und Lobbyarbeit geleistet, woraus in Tbilisi ein dreistufiges Pflegestufen-System entstanden ist. Die Zeichen stehen gut, dass sich langfristig die Lage verbessern wird.
Dezember 2017
Dieses Projekt wird mit Mitteln vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) finanziert.