Das Leben im Jahr 2014 war für die Menschen in den Dörfern und Gemeinden in Sierra Leone, die von der Ebolaepidemie betroffen waren, ein Albtraum. Nicht nur die permanente Todesangst vor einer Ansteckung beherrschte den Alltag, es durfte erst gar kein Alltag gelebt werden. Wurde eine Ebola-Erkrankung gemeldet, so wurde oft die gesamte Gemeinde mit einer Ausgangssperre belegt und isoliert.
Für die Einwohnerinnen und Einwohner von Banamarank mitten in Sierra Leone, nahe des Städtchens Makeni gelegen, dauerte die Ausgangssperre vier Monate und zehn Tage. Die Dorfbewohner durften in dieser Zeit nicht weiter als einen Schritt vor ihr Haus treten. Jedes Haus hatte seine Bewohner und Bewohnerinnen zu registrieren. Nichts war so, wie gewohnt. Die Schulen hatten geschlossen und die Bauern durften ihre Felder nicht bestellen. Versorgt wurden die Menschen von Hilfsorganisationen, die Lebensmittel und Wasser in die Dörfer der roten Zone brachten. Als die Ausgangssperre wieder aufgehoben wurde, waren die Vorratsspeicher leer und die Felder lagen brach.
Die Langzeitfolgen einer tödlichen Epidemie
Noch heute, fünf Jahre danach, haben es die meisten Bewohner/innen des Dorfes nicht geschafft, ihre Vorräte wieder aufzufüllen. Menschen, die selbst die Krankheit überlebt haben und Menschen, die Familienmitglieder und Angehörige verloren haben, konnten sich vielfach bis heute nicht von den Folgen der Epidemie erholen. Dieses Schicksal teilen viele Menschen in Sierra Leone mit den Bewohner/innen von Banamarank. Ob in der Stadt oder auf dem Land, die Last der Epidemie trägt bis heute schwer.
In Stadtgebieten wie Waterloo in der Hauptstadt Freetown oder auch in im Stadtgebiet "Western Area" waren die Todesraten während der Ebola-Epidemie sehr hoch, obwohl das Virus diese Orte erst spät erreichte. Grund dafür sind unter anderem die mangelhafte Trinkwasser- und Abwasserentsorgung, fehlende Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen und eine marode Infrastruktur. Sie ist mit dafür verantwortlich, dass sich das Virus hier sprunghaft ausbreiten konnte.
Gesundheitliche Einschränkungen und gesellschaftliche Ausgrenzung
Diejenigen, die selbst von der Krankheit direkt infiziert waren, leiden an gesundheitlichen Komplikationen wie Sehstörungen oder Störungen der Fortpflanzungsfähigkeit. Auch haftet ihnen bis heute das Stigma an, sie könnten möglicherweise erneut ansteckend sein – ein Stigma, das viele ohnehin Leidtragende vom gesellschaftlichen Leben weiter ausgrenzt. Zudem sterben gelegentlich Überlebende an inneren Blutungen und anderen Komplikationen ungeklärter Herkunft. Und: Durch die Erlebnisse während der Krankheit oder dem Leben in Quarantäne und den Verlust von Angehörigen sind viele Menschen traumatisiert.
Auch wirtschaftlich stehen sie oft bis heute vor dem Nichts, wenn etwa der Haupternährer einer Familie erkrankte oder starb. Besonders Kinder und Jugendliche, die als Ebola Waisen weitgehend auf sich selber gestellt sind, weil sie Eltern und Verwandte verloren haben, sind auf Unterstützung angewiesen.
Schulbesuch sichern und Einkommen ermöglichen
Dank ihrer engmaschigen Sozialarbeit kennen die Cluny Schwestern in Kono die Lebensverhältnisse der armen Familien und versuchen trotz angespannter wirtschaftlicher Lage, möglichst vielen Kindern den Schulbesuch wieder zu ermöglichen. Mit Unterstützung von Caritas international erhalten 200 Kinder mehrerer Dörfer im Distrikt Kono regelmäßig soziale Begleitung und finanzielle Hilfe für den Besuch der Schule. Und 140 Kinder wird täglich ein warmes Schulessen finanziert, denn mit leerem Magen fällt das Lernen schwer. Dank der Einfühlsamkeit und Expertenkenntnisse der Schwestern der Kongregation Sisters of St. Joseph of Cluny, die in der Gemeinde sehr angesehen sind, werden hier rund 60 von Ebola schwer betroffene Familien dabei gefördert, wieder ein eigenes Einkommen erwirtschaften zu können, etwa durch einen kleinen Laden oder Kiosk. Insbesondere allein erziehende Frauen erhalten Unterstützung. Und an mehreren ausgewählten Schulen werden Workshops zur Gesundheitsaufklärung, gesunden Ernährung und Hygiene für Eltern und Kinder durchgeführt.
Gesundheit lernen und Erfahrungen teilen
Gemeinsam mit der Caritas Freetown werden Ebola-Überlebende in dem von Armut geprägten Stadtrandgebiet Western Area Rural der Hauptstadt Freetown betreut. Für 100 Kinder stellt das Projekt Schulmaterialien zur Verfügung, zahlt den Transport zur Schule und eine warme Mahlzeit pro Tag während des gesamten Schuljahres. Bei Bedarf werden die Kinder psychosozial betreut oder über Gesundheitsfragen und Hygiene aufgeklärt. Jede Woche findet in einer von 20 Schulen in den von der Epidemie schwer betroffenen Gemeinden ein Workshop rund um Fragen von Gesundheit, Ernährung und Hygiene statt. Beliebt sind auch die Gesundheitsclubs – mit Theaterstücken tragen sie Botschaften rund um Prävention und Gesundheit in die Schulen – das gemeinsame Entwickeln und Spielen ist für viele ein Heilungsprozess. Denn so werden Sorgen und Ängste geteilt und gemeinsam getragen - statt die Menschen alleine zu lassen.
Wie auch im Distrikt Kono ist für die Ebola-Überlebenden der Kleinhandel wichtig, der ein kleines aber stetiges Einkommen verspricht, wenn er mit Bedacht und Kenntnis betrieben wird. Daher nehmen nun diejenigen, die ihre wirtschaftliche Lebensgrundlage verloren haben, an einem Erfahrungsaustausch teil und lernen, wie man ein „Business“ stabil zum Laufen bringt.
April 2019